Interview Linda Tellington-Jones

Ausschnitt aus einem Interview mit Linda Tellington-Jones
Schweiz. Hundemagazin 09.2017

 

Wie haben Sie Ihre Methode entwickelt und aus welchem Grund?

Mein Grossvater hatte Pferde und durch ihn habe ich schon früh gelernt, mit ihnen umzugehen und sie auch zu massieren. Später lernte ich dann bei Moshe Feldenkrais seine Methode, die zur Stärkung von körperlichen Fähigkeiten und zur Verbesserung des Lernvermögens angewandt wird. Die Geburtsstunde der TellingtonTTouches jedoch war 1983, als ich zu einem störrischen Pferd eines befreundeten Tierarztes gerufen wurde, das wild um sich schlug und biss, wenn man es berühren wollte. Ich arbeitete an dem Pferd und es wurde tatsächlich ruhiger. «Was ist dein Geheimnis, was hast du gemacht?», fragte der Besitzer. Ich antwortete intuitiv: «Kümmere dich nicht darum, was ich mache, sondern lege deine Hand aufs Pferd und verschiebe die Haut in einem Kreis». Er probierte es aus und das Pferd wurde genau so ruhig wie bei mir, als ich die komplizierten Feldenkrais-Bewegungen gemacht hatte. Und ich dachte mir: Das kann doch jeder, das kann sogar ein Kind.

 

Was unterscheidet die TTouches von der Feldenkrais-Methode?

Feldenkrais dient dazu, die Nervenbahnen zu aktivieren, bedingt jedoch ein aufwendiges Studium und ist deshalb für Laien nur schwierig umzusetzen. Die TTouches jedoch sind einfach, für jedermann machbar und unterstützen die Aktivität der Zellfunktionen unseres Körpers. So habe ich angefangen, den Körper als einen Verbund von Zellen anzuschauen, also viel differenzierter und auf einer anderen Ebene, als Botschaft an die Zellen, dass sie optimal arbeiten können.

 

Wird TTouch vor allem bei Säugetieren angewandt oder gibt es bestimmte Tiere, die sich dafür nicht eignen?

Es kann allen Tieren helfen, die ein Nervensystem haben. Ich arbeite nebst Pferden und Hunden auch mit den verschiedensten Tieren, von der Schlange über Vögel bis zum Elefanten. Auch mit Zootieren wie zum Beispiel mit einem kleinen Tintenfisch, der gestresst war, weil er für ein Aquarium eingefangen wurde. Die Leute sind immer glücklich, wenn den Tieren geholfen werden kann.

 

Sie sind für eine 80-Jährige erstaunlich fit und aktiv, was ist Ihr Geheimnis?

Natürlich benutze ich die TTouch-Methode auch bei mir. So kann ich mir selbst und meinem Körper etwas Gutes tun. Zudem habe ich eine positive Einstellung. Wenn ich mich bewusst entscheide, das Glas immer halb voll zu sehen, ist das ein grosser Unterschied für mich, denn wenn ich es halb leer sehe, sinkt mein Energielevel. Wichtig ist mir auch, dass ich jeden Abend die drei schönsten Dinge des Tages Revue passieren lasse. Das erzeugt Dankbarkeit.

 

Was sind Ihre nächsten Ziele/Wünsche?

Es ist mein Ziel, Wege zu finden, um den Leuten zu helfen, ihre Tiere als Individuen und Persönlichkeiten mit einer Seele zu sehen, denen man mit Empathie und Verständnis begegnet. Dadurch ist es auch möglich, ein besseres Verständnis und eine bessere Meinung von sich selber und von seinen Mitmenschen zu bekommen.

 

Das ist ein wunderschönes Ziel. Aber haben Sie nicht schon sehr viel davon erreicht?

Ich kann noch viel mehr tun. Wir haben Lehrer in 37 Ländern. Und mein Ziel ist es eben, sie zu unterstützen, indem sie selber Vorbild werden, authentisch sind und das auch weitergeben können.


Ein Ausschnitt aus dem Buch «Der neue Weg im Umgang mit Tieren» von Linda Tellington-Jones

 

Die meisten Schafe bekommen zwei oder drei Lämmer, die auf die nackte Erde geboren werden. Die Lämmer bleiben einen Augenblick liegen, benommen von der Geburt, um dann auf wackeligen Beinen das Euter zu suchen. Wenn ihnen das Saugen nicht nach ungefähr zehn Minuten gelingt, legen sie sich einfach wieder hin und sterben.

So sind sie nun mal, bestätigen mir die Experten, einige leben und andere eben nicht. Stur, wie ich war, liess mir das keine Ruhe. Ich ging über die Weiden und jedes Mal, wenn ich ein Lamm fand, das am Boden lag und dahinsiechte, schüttelte ich es ein wenig und drückte es am Hals, damit es um Luft kämpfen musste. Auf diese Weise «schüttelte» ich einige ins Leben zurück. Ich kann mir wohl vorstellen, wie das für einen Aussenstehenden ausgesehen haben mag: Eine junge Frau, die über Land geht und neugeborene Lämmer schüttelt. Sehr seltsam. Aber es war besser, als tatenlos zuzusehen, und es zeigte ja auch Wirkung.

Hätte ich schon den TTouch gekannt, da bin ich mir sicher, wären die meisten Lämmer am Leben geblieben. Die Methode ist einfach: Du musst kleine «Waschbär»-Kreise auf den Lippen machen, im Maul, auf der Zunge und am Gaumen. Dann die Ohren mit den Fingern methodisch vom Ansatz zur Spitze bearbeiten. Dadurch wird der fehlende Saugreflex sofort aktiviert und das Lamm kann mit frisch gewonnener Energie wieder am Leben teilnehmen.